Orient Express bei London to Brighton

Start 2010 im Hyde-Park

Nach seiner ersten erfolgreichen Fahrt in 2009 startete der Orient Express von Ron Mellowship 2010 wieder bei der traditionellen Ausfahrt von  London nach Brighton. Nach etwa 30 km beendete ein Lagerschaden an der Kurbelwelle die Fahrt. Für Michael Wessel aus Gaggenau, der auf Einladung des Besitzers mitgefahren war, trotzdem ein unvergessliches Erlebnis.

In alle Folgejahren hat der Orient-Express 104 von Ron Mellowship stets erfolgreich an der Rallye London to Brighton teilgenommen. 2017 hatte er die Startnummer 10 – also nur neun Fahrzeuge waren älter. Beim Buckingham-Palast führte er die Reihe der Veteranen an.

Nach etwa 20 Meilen streikte 2010 der Orient-Express 104

Joseph Vollmer und der HANOMAG

Eine Reihe von Traktoren für die Land- und Forstwirtschaft entwickelte Joseph Vollmer im Laufe der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts, deren vielseitige Einsatzmöglichkeiten für damalige Begriffe revolutionierend war. Zunächst hatte er an die Hannoversche Maschinenbau AG (HANOMAG) die Konstruktionspläne eines kleinen Tragpfluges verkauft, dann entwickelte er große und kleine Raupenschlepper von 50 bzw. 25 PS. Die Traktoren hatten Vierzylindermotoren und liefen auf Schienenketten, deren Verschleißteile aus Spezialstahl hergestellt wurden. Die Fahrzeuge konnten große Lasten abschleppen, 20 % Steigungen bewältigen und auf der Stelle drehen, da sich die Ketten, durch ein dazwischen liegendes Differential, unabhängig voneinander bewegen konnten.

Außerdem hatten die Traktoren einen integrierten Antrieb für ortsfeste Maschinen. In großer Zahl gebaut, auch für kleinere Landwirtschaftsbetriebe erschwinglich, wurde Vollmers Hanomag-Schlepper weltbekannt und bis in die 50er Jahre auch nach Asien, Afrika und Südamerika verkauft; der Abnehmerkreis in der deutschen Landwirtschaft war bedeutend.

Der relativ teure Verschleiß der Raupenketten brachte Vollmer auf die Idee, einen Radschlepper für Hanomag zu entwickeln, der sich ab 1924 als durchschlagender Erfolg erwies. Zunächst mit einem Vierzylinder Benzol- bzw. Petroleummotor ausgerüstet, wurde das Modell später mit einem 36 PS starken Dieselmotor angetrieben.
Die Hanomag gehörte in der Zeit, als sie nach Vollmer-Lizenzen produzierte, zu den führenden deutschen Herstellern von Industrie- und Ackerschleppern.
G. Z.

„Aller Laster Anfang“ – Pionierjahre des Automobilbaus wurden lebendig

Hans-Joachim Schramm, Stefan Schwaab und Michael Wessel neben dem Tonneau
Hans-Joachim Schramm, Stefan Schwaab und Michael Wessel neben dem Tonneau

Die Gaggenauer können stolz sein auf eine lange Tradition im Bau von Fahrzeugen und Aggregaten. Mit einigen besonders attraktiven Exponaten und Dokumenten wurden vom 28. November 2009 bis 21. Februar 2010 den Besuchern des Unimog-Museums die Pionierjahre des Gaggenauer Automobilbaus nähergebracht.

„Aller Laster Anfang“ hieß die Sonderausstellung. Aus der Produktion von Theodor Bergmann stammte ein wunderschöner viersitziger Tonneau aus der Sammlung von Joachim Schramm aus Oberursel. Es war das älteste Fahrzeug der Ausstellung und das Viertälteste überhaupt erhalten gebliebene Fahrzeug aus Gaggenau.

Bei Bergmann entwickelt und dann in der Süddeutschen Automobilfabrik gebaut: ein „Liliput“, das erste Volksautomobil der Welt. Es ist eines von zwei noch erhalten gebliebenen Fahrzeugen. Als ältester Lastwagen der Welt gilt das Fahrzeug der Süddeutschen Automobilfabrik Gaggenau aus dem Jahr 1909, das jetzt wieder im Technikmuseum Speyer zu bewundern ist. Das erste Mal im Unimog-Museum zu sehen war der Benz-Gaggenau 3K2 aus dem Jahr 1916, der damit wieder zurück an seinen „Geburtsort“ gekommen war. Abgerundet wurde die Sonderausstellung durch historische Dokumente und Fotos in den Vitrinen sowie durch Schautafeln des Wirtschaftsarchivs Baden-Württemberg, auf denen die Anfänge des Omnibusbaus im Land dargestellt wurden.

Erfolge für „Orient-Express“-Wagen

Vollmer-Bergmann-ProspektRastatter Zeitung vom 2. August 1899:

Kürzlich wurde berichtet, dass Bergmanns Industriewerke in Gaggenau auf den Ausstellungen in Hamm und Nürnberg mit der goldenen Medaille für ihre daselbst ausgestellt gewesenen Motorwagen „Orientexpreß“ ausgezeichnet wurden. Bei den neulich in Nürnberg und Straßburg stattgefundenen Motorwagen-Wettrennen erzielte die genannte Firma zwei Preise, und am letzten Sonntag gelan es „Orientexpreß“, in der Klasse Tourenwagen den ersten Preis zu erringen. Dieser besteht in 500 Mark bar nebst einem Ehrenbecher. Für die badische Motorwagenindustrie ist es gewiß einerfreuliches Zeichen, dass sie solche Erfolge hat erlangen können“.

Quelle: Willi Echle: Theodor Bergmann – 1850–1931 – Leben und Wirken eines Gaggenauer Industriepioniers, Gaggenau 1979 (2. unveränderte Auflage)

„Taxi bitte!“

Vollmer-Anzeige-EnglandBergmanns Industriewerke konnten schon vor 1900 beachtliche Exporterfolge erringen. Allein nach England sollen über 200 Fahrzeuge gegangen sein. Der Londoner Vertreter war aktiv in der Werbung, beschickte alle Ausstellungen und wurde nicht müde, in Wettbewerben die Zuverlässigkeit des von ihm vertretenen Fabrikats unter Beweis zu stellen.

Es war sogar der Aufbau einer Fertigungsstätte vorgesehen, die interessierten Finanziers gaben jedoch schließlich einem amerikanischen Elektromobil den Vorzug. Zwei der nach England verkauften „Orient Express“-Wagen sind noch heute erhalten.

Es ist überlieferte, dass von den ersten nach England gelieferten „Orient-Express“-Wagen auch einige in London als Taxen eingesetzt wurden.

In einem Mail von Dirk Holl, dem Vorstandsvorsitzenden des Taxiverbandes Deutschland e. V. an Michael Wessel heißt es am 8. September 2009: „Wir gehen nun mittlerweile auch davon aus, dass, nicht wie in der Literatur behauptet, das erste Londoner Taxi aus Frankreich kam sondern eher ein Fahrzeug von Theodor Bergmann ist.

BU: „If you don’t want to have a driver’s seat on the left – order an ORIENT EXPRESS.

Anzeige aus dem Jahr 1899

Quelle: Hans-Otto Neubauer, Michael Wessel: Die Automobile der Benzstadt Gaggenau, Hamburg 1986

Mit dem Gaggenauer Orient-Express durch Europa

Im Oktober 1902 erschien im Londoner Verlag Methuen das Tagebuch der Amerikanerin Molly Randolph über ihre Erlebnisse während einer in den wohlhabenden Kreisen der neuen Welt damals üblichen Bildungsreise durch Europa.
Das Buch erschien unter dem Titel „The Lightning Conductor“ (Der Blitzableiter). Im Untertitel erfolgt eine Erläuterung: „The Stange  Adventures of a Motor Car – Die seltsamen Erlebnisse eines Automobils“.
Im ersten Teil der Schilderungen spielt dieses Auto die Hauptrolle. Die Markenbezeichnung wird zwar nicht genannt, die Herkunft lässt sich durch die im Buch enthaltenen Fotos jedoch einwandfrei bestimmen: Gaggenau.
Das Buch wurde ein Bestseller. Eine deutsche Ausgabe erschien mit dem Titel „Der Blitzchauffeur“ und 1926 wurde die Story mit dem Titel „Meine Freund, der Chauffeur“ verfilmt – Hans Albers in der Hauptrolle.
 
Im Buch heißt es:

„Es war schwerer, als ich dachte. Mit der linken Hand muss man den Wagen steuern. Am Steuerhebel ist eine Hupe befestigt, mit der entgegenkommende Lebewesen zu warnen sind. Ich betätigte die Hupe mit der rechten Hand, aber das war falsch, denn für die rechte Hand gab es eine Menge anderer Dinge zu tun.

Da gab es einen kleinen Hebel für den Geschwindigkeitswechsel, einen anderen, mit dem die richtige Spannung der Riemen eingestellt wurde, einen Hebel zur Geschwindigkeitsregulierung und schließlich noch die Bremse. Das Schlimme ist, dass häufig etliche dieser Dinge gleichzeitig zu tun sind. Man müsste drei oder vier Hände haben.

Es kann also nicht verwundern, dass ich etwas verwirrt war und für einen Augenblick mit den Händen etwas durcheinander kam. Und gerade jetzt mußte ein anderer Wagen um die Ecke kommen. Ich versuchte, nach rechts zu steuern, fuhr aber nach links – man glaubt nicht, was man in einer einzigen Sekunde mit einem Auto alles anstellen kann.“